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Gesprächsfrühstück zum Thema „Vergeben“

Vergeben, vergessen …

Digitale Kirche… die Worte sind schneller aufgeschrieben als in die Tat umgesetzt – diese Erfahrung hat wohl schon jeder einmal in seinem Leben gemacht. Oder wird auch schnell und oberflächlich Entschuldigung gesagt, obwohl der Konflikt noch im Inneren schwelt? Sollte man immer, stets um Harmonie bemüht, alle Kränkungen und Demütigungen wegstecken? Sind Christen zur Vergebung besonders aufgerufen, gar besonders befähigt? In der Lutherbibel steht: Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus. Epheser 4, 32

Diese komplexen Fragen und Denkanstöße signalisieren bereits, dass zum Gesprächsfrühstück am 21.Oktober kein einfaches Thema im Mittelpunkt stand. Und so ungewöhnlich das Thema war, so ungewöhnlich war auch der Einstieg in die Problematik. Frau Pfarrerin Sabine Müller aus Groß Schönebeck bat eingangs alle 7 Teilnehmer kurz zu notieren, wann im persönlichen Leben Vergebung eine Rolle spielt(e). Natürlich war es nicht erforderlich, dass jeder sein Beispiel ausführlich darlegte. Dennoch stellte sich schnell heraus, dass jeder Erfahrungen beisteuern konnte, wenn es um Vergebung und Schuld geht.

Ein Buch der Philosophieprofessorin Susanne Boshammer „Die zweite Chance – Warum wir (nicht alles) verzeihen sollten“ (Rowohlt Verlag, 2020; ISBN 9783498006815) gab weitere Impulse, über die Wirkung von Vergebung nachzudenken. Dabei ist es gar nicht so einfach und keinesfalls eindeutig, wie Vergebung definiert wird. Sie kann gemäß dem Buchtitel eine zweite Chance darstellen. Vergebung zeigt einen Weg nach vorn, löst uns von der Vergangenheit, von dem „Ereignis“, welches den Konflikt heraufbeschwor. Die Beteiligten verweilen nicht länger in der „Täter- bzw. Opferrolle“. Hannah Ahrendt hat viel darüber publiziert und geschrieben, Vergebung befreit von der Vergangenheit. Vergebung heißt aber nicht, dass die Beteiligten die Verantwortung für ihr Handeln abgeben. Würde und Selbstachtung müssen im Prozess des Vergebens bestehen bleiben, von den Einzelnen müssen Grenzen und Standpunkte klar aufgezeichnet werden. Sehr nachdenklich stimmte mich ein Ausspruch, welcher Budha oder Konfuzius nachgesagt wird: „Am Zorn festhalten ist wie Gift trinken und erwarten, dass der andere dadurch stirbt.“

Nun ist unsere digitale Kirche und auch das Gesprächsfrühstück nicht der Ort, dieses Thema erschöpfend zu beschreiben – wer kann das schon?? Und wer ist darin Profi?? Auf jeden Fall war es ein sehr anregendes Gespräch. Ich glaube, niemand hat sich gelangweilt.

Wir danken Frau Pfrn. Müller sehr, dass sie zu uns nach Basdorf gekommen ist und sich mit uns gemeinsam diesem recht schwierigen Thema genähert und wertvolle Impulse und Anregungen gegeben hat.

Sollte Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein Thema einfallen, von dem Sie meinen, es wäre von allgemeinem Interesse und müsse einmal zwanglos diskutiert werden, so fühlen Sie sich herzlich eingeladen zu den weiteren Gesprächsfrühstückstreffen. Natürlich ist auch Zuhören in der Gemeinschaft eine willkommene Teilnahme. Die Termine dazu finden Sie in den jeweils aktuellen Gemeindebriefen.

Text: Sybille Gruska