Fenster putzen, Staubwischen, Fußböden reinigen – das muss ja alles sein, aber macht es auch Spaß? Allerhöchstens stellt sich hinterher, wenn man fertig ist, ein gewisses Gefühl der Zufriedenheit ein – jedenfalls bei mir. Etwas anders erging es mir, als neulich bei uns auf der Festplatte des Computers aufgeräumt werden musste. Was hatte sich da nicht alles angesammelt! E-Mails, deren Inhalte längst nicht mehr relevant waren, unfertige Notizen, halbfertige Texte, und nicht zuletzt: Bilder, Bilder, Bilder…..
Als der Ordner mit Bilddateien, die verworfen werden sollten, dann noch einmal durchgesehen wurde, fielen meinem Mann und mir eine Verbindung zwischen folgenden Bildern auf, über die dann doch etwas Interessantes zu berichten ist:
Goldene Spirale
Dickblattrosette Aeonium arboreum
Auf den ersten Blick haben die Bilder kaum etwas gemeinsam. Das rosettenförmige Aeonium haben wir einmal von einem Aufenthalt auf den Canaren mitgebracht. Es ist neben dem Bedürfnis nach viel Licht (auch direkte Mittagssonne) sehr anspruchslos und toleriert Vernachlässigung (Trockenheit) mit umso größerer Pracht, so dass ich nicht umhin kann, jedes Jahr neue Bilder von unseren „Bäumchen“ zu machen. Der Transport ins Winterquartier bringt oft abgebrochene Teile mit sich, die aber sofort wieder in feuchtem Sand wurzeln und neue Schönheiten bilden.
Ja, und diese Spirale dort auf dem anderen Bild? Die geht auf den Mathematiker Fibonacci zurück. Der italienische Gelehrte hat 1202 eine Zahlenreihe entwickelt, die er der Natur abgerungen hat. Als er der Frage nachging, in welcher Folge sich ein Kaninchenpaar vermehrt, entwickelte er die Fibonacci-Zahlenreihe, die wie folgt gebildet wird:
Die beiden ersten Glieder der Reihe werden als 0 und 1 vorgegeben. Jedes weitere Glied der Reihe ist dann die Summe ihrer beiden Vorgänger. Daraus resultiert die Folge der Fibonacci-Zahlen:
0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144 …..
Als Formel ausgedrückt, werden die Glieder der Zahlenreihe berechnet nach:
a(n) = a(n-1) +a(n-2).
Bildet man den Quotienten zweier aufeinanderfolgender Zahlen aus der Fibonacci-Reihe und dividiert dabei die größere durch die kleinere Zahl, so strebt dieser Wert mit immer größer werdenden Elementen der Zahlenreihe gegen 1.618 – er wird häufig als Naturkonstante ȹ (phi) bezeichnet. Und auch dieser Wert ist in unserer Umgebung relevant. Er spiegelt den sogenannten Goldenen Schnitt wider. Der Goldene Schnitt ist eine bewährte Gestaltungsregel (in der Kunst, der Architektur, im Design) und stellt ein Teilungsverhältnis dar, welches wir als besonders harmonisch empfinden – ein wenig Theorie dazu ist nachzulesen unter https://www.foto-kurs.com/bildgestaltung-goldener-schnitt.html. Ästhetik und Schönheit des menschlichen Körpers lassen sich ideal mit dem goldenen Schnitt beschreiben. Schönheit ergibt sich dabei nicht aus Absolutmaßen, sondern aus der Proportion (Teilungsverhältnis).
Die grafisch sehr anschauliche Art dieser Zahlenfolgen und des Goldenen Schnittes ist die sogenannte Goldene Spirale. Sie wird dargestellt durch Viertelkreise. Die Radien der Kreissektoren entsprechen der Fibonacci-Folge. Macht man eine Faust und betrachtet Daumen und Zeigefinger – schon ist sie zu finden, diese goldene Spirale.
Überhaupt: Die Fibonacci-Reihe aus der Vermehrung eines Kaninchenpaares herzuleiten, mag noch etwas „konstruiert“ wirken (Fibonacci hat vorausgesetzt, dass das Kaninchenpaar im ersten Monat noch heranreifen muss, also keine Jungen und dann im zweiten Monat nur zwei Junge bekommt), aber es stellte sich heraus, dass sich mit dieser Zahlenfolge sehr viele Phänomene in der Natur erklären lassen, dass sie quasi ein universelleres Prinzip widerspiegelt. Die Anzahl einzelner Blättchen bei strahlenförmigen Blüten entspricht der Fibonacci- Zahlenfolge, bei vielen Pflanzen stellt die Anordnung der Blätter oder Seitentriebe um die Sprossachse eine Fibonacci-Spirale dar. So wird gewährleistet, dass jedes Blatt das Optimum an Licht und Regen erhält und nicht eins das andere vollkommen überdeckt. Schneckenhäuser sind das beste Beispiel für Fibonacci-Spiralen in der Natur, aber auch die Anordnung der Schuppen bei Tannenzapfen. Diese Spiralen mehrfach gespiegelt oder übereinander projeziert ergeben z.B. die Anordnung der Körner in einer Sonnenblume und die Symmetrie vieler Blüten.
In Lehrbüchern findet man manchmal den Satz „Die Mathematik ist somit die Sprache der Natur“ – oder ist es gar umgekehrt, hat die Mathematik einen Weg gefunden, die Natur zu erklären? Und schon gibt es Gesprächsstoff auch für die Philosophen. Ich möchte diese kleine „Mathestunde“ jedoch nicht weiter ausdehnen, sondern wieder zum Aufräumen zurückkommen. Deshalb möchten wir von den eingangs erwähnten Ablegern des Aeonium arboreum einige zum Verschenken anbieten, Anruf genügt.
Sybille und Andreas Gruska
0174-4414145