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Urlaubsbericht: Der Wolgaster Totentanz

Der Wolgaster Totentanz

In Urlaubsberichten spielt das Wetter eine nicht geringe Rolle und häufig hört man die Redewendung „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur die falsche Bekleidung dazu“. Fast möchte ich meinen, für Segler trifft sie nicht zu. Segeln unter Wind macht Freude, wenn es trocken ist und nicht allzu kalt. Aber bei Dauernieselregen und Temperaturen um 15 °C mag man nicht ohne zwingenden Grund aufs offene Wasser und so ist eben Hafenaufenthalt angesagt. Im kleinen Boot (9 m lang und Platz für Drei) mit einem Buch, einem heißen Tee und vielen Plänen, was man tun könnte/sollte/müsste vergeht ein Tag ganz schnell. … Hm, der zweite Tag sieht so grau aus wie der vorige, und da mag man dann doch nicht mehr stillsitzen. Und siehe da, beim Stadtspaziergang zwischen den Starkregengüssen entdeckt man Interessantes. Wir sind im Wolgaster Stadthafen und die wuchtige St. Petri-Kirche dominiert auch von dort das Stadtbild. Also gehen wir in diese Kirche. Von früheren Besuchen ist der „Wolgaster Totentanz“ als Besonderheit dieser gotischen Backsteinkirche noch in Erinnerung. Auch der Baseler Totentanz mag aus dem Kunstunterricht noch im Gedächtnis sein.

Ich bin nach dem Besuch der Kirche der Frage nachgegangen, ob es in Deutschland noch mehr Kirchen mit Totentanzdarstellungen gibt und war erstaunt, wie viele es sind: Über die Totentanzdarstellungen nachzulesen, war für mich wie in einem Knäuel ein Fadenende zu fassen und daran zu ziehen: ein unendlich weites Feld tut sich auf. In Deutschland gibt es -zig Totentanzdarstellungen, sehr viele im Süden, aber auch in Schleswig-Holstein und eben in Pommern. Sie stammen nicht alle aus dem Mittelalter, auch moderne Kunst hat den Totentanz zum Thema. Ein weites Feld tut sich auf. Es gibt sogar eine Europäische Totentanz-Vereinigung  (http://www.totentanz-online.de/totentanz.php) mit Hauptsitz in Bamberg.

Natürlich möchte ich hier nicht kulturhistorische Abhandlungen kopieren, sondern nur darauf hinweisen, wie interessant das Thema ist.

Das Bild des Todes bzw. vom Tod beschäftigte das Denken der Menschen schon zu allen Zeiten und in allen Kulturen. Neben wenigen rationalen Versuchen, den Tod zu verstehen und nachzuvollziehen existieren vielfältige Vorstellungshilfen in Form von Phantasien und Phantasiebildern: der Tod als Knochenmann und Leiche, als wohl die älteste und verbreitetste Metapher, der Tod als Nichts, das Nicht-Sein, das Ende, die Nacht.

Die Todesmeditation findet, nachdem sie anfangs fast ausschließlich im literarischen Bereich angesiedelt war, im 14. und 15. Jahrhundert Eingang in die darstellenden Künste. Derer Todesbilder gibt es in der Folge im Spätmittelalter viele: anfänglich wurde der Tod als blasse, nackte Leiche, die schon zu verwesen beginnt und von Würmern und Maden zerfressen wird, dargestellt. Die heute noch geläufige Figuration des Knochenmannes ist erst ein ikonografischer Topos des 16. Jahrhunderts.

Die populärste Darstellungsform dieser Universalherrschaft des Todes war seit dem 14. Jahrhundert die Vorstellung eines Tanzes geworden, eines Tanzes, zu dem der Tod die Lebenden auffordert und, wenn sie sich weigern, zwingt.[1]

Obenstehender Text entnommen aus: https://www.grin.com/document/51559

Leider kann ich keine  Fotos zu den Wolgaster Darstellungen beisteuern. Sie sind zu wertvoll, um den Blitzen der Kameras zahlreicher Touristen ausgesetzt zu werden. Es gibt vielfältige Literatur dazu und so kann ich nur den Hinweis geben, bei einem Aufenthalt am Peenestrom auch einmal die St. Petri-Kirche in Wolgast zu besuchen.

Übrigens sind nach der Niederschrift dieses Textes zumindest schon Strukturen am Himmel zu sehen, soll heißen zwischen dunklen Wolken schaut auch mal ein wenig Blau hervor.

Sybille Gruska