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Künstlergespräch: Thomas Schubert interviewt Hans-Georg Wagner

„Erst mache ich eine Zeichnung, und wenn die gut ist, dann fang ich an, sie zu zerstören.“ Auf unerwartet und widersprüchliche Art und Weise verleiht Hans-Georg Wagner seiner Begeisterung am Gestalten kraftvoll Ausdruck. So ginge er an seine Holzarbeiten heran.

Jeder habe Talente, die man auch leben sollte, damit man als Mensch ganz ist, macht er bald nach Beginn des Gespräches deutlich. Dennoch würde er selbst oft einseitig eingeordnet, obwohl sein Werk so vielfältig ist. Am ehesten fühle er sich von Ulrike Kremeier verstanden, die ihm als Kuratorin und Direktorin des Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst, seinerzeit anbietet, eine umfassendere Ausstellung seiner Arbeiten einrichten zu wollen.

Da muss Wagner auch gleich klarstellen, wie er den Umgang Kremeiers mit seiner Kunst erlebt hat: „Die guckt eben hin, geht weg, und guckt dann nochmal hin.“
So wollte sie, dass seine halbtransparenten Drucke, die dann später im Dieselkraftwerk Cottbus zu bestaunen waren, eben nicht an der Wand, sondern ganz frei im Raum hängen.

Was für ein Erzähler er ist. Wir Zuschauenden lauschen gebannt staunend den Anekdoten und Geschichten, hier im HalbschaSen unter großen Bäumen bei sommerlicher Temperatur. Wie er eine Arbeit beginnt, wie es überhaupt dazu kommt, was ihm bei der Umsetzung so passiert.

Man könne das Holz mit der Faser bearbeiten und gegen die Faser. Man müsse genau wissen, wo und wie man das Holz spalten sollte. Druckstöcke stehen nach der Fertigstellung seiner Mehrfachdrucke als selbständige Werke für sich, und manche seiner Holzskulpturen lässt er in Bronze gießen, oder er spielt mit den Wachsgüssen: „Mach mal noch einen letzten!“, sagt er zum Gießer, „Ist egal, wie die Figur wird. Damit mach ich nochmal was neues.“ Er zeigt auf zwei Skulpturen, die einander ähnlich sind und erläutert: „Die hier ist offener geworden, das erinnert mehr an Tanz.“

Nach seinem sechzigsten Geburtstag hat er nun damit begonnen, sein Gesamtwerk in Kataloge zu fassen: Zeichnungen, Grafik, Möbeldesign, die umfangreichen Holzarbeiten, Texte. Und wenn er eine Rede schreibe, so suche er lange nach den passenden Worten, wobei ihm wichtig sei, dass der Text in seiner Gesamtheit auch einen ,Klang‘ hat.

Als Kind wollte er immer Kanus bauen. Inzwischen hat er schon über vierzig Stück hergestellt und ist mit dem Boot auch auf dem Wasser versiert, Tango tanzend als Paar mit seiner Ehefrau, oder in der Gruppe als Performance, ähnlich wie beim WasserballeS.

„Was ich kann, oder mir einbilde zu können.“, so redet er humorvoll reflekierend, mit funkeln in den Augen, und hält erfahren fest: „Man muss von seiner eigenen Arbeit einen Abstand gewinnen, über mehrere Tage, mal auch Wochen, alles liegen lassen, um sich dem später neu zu nähern, wie ein Fremder.“ Erst dann sehe man, wo noch zu suchen, was noch auszuformen sei.

Fotos und Text: Torsten Stapel