Letztes Jahr im Advent haben wir den Sternenweg entdeckt. Er führte zum Hintereingang des Hauses, in dem wir wohnen. Der Weg war uns bekannt, wir gehen ihn beinah täglich. Aber wir bemerkten, dass man dort im Advent von Stern zu Stern läuft.
Vor der Kirche leuchtete der große Herrnhuter Stern. Kam man um das Gemeindehaus herum, leuchtete die Sternlampe den Weg, die ganz speziell nur in jenem Advent im Schlafzimmerfenster hing. Und dann leicht rechts um das Haus, auf den Hintereingang zu, über dem der andere große Stern am Küchenfenster leuchtete. Dann wurde Januar. Anfang Februar haben selbst wir die Sterne abgehangen und eingepackt. Es gab noch richtig Schnee; wir stapften über die Steine und nannten den Weg längst wieder bei seinem unspektakulären Namen. Frühling wurde: Blausterne, Krokusse und Schneeglöckchen konnte man sprichwörtlich am Wegesrand finden. Und viele dicke Nacktschnecken. Im Mai lag der Weg wieder komplett im Schatten der dichten Bäume. Der Sommer kam. Die Lindenblüten blieben im Haar hängen, das Gras wurde immer trockener. Sommergewitter zogen über den Weg. Laue Abende; mit einer Freundin laut lachend, schnell noch einmal zum Supermarkt.
Einmal saß ich mit den Kindern im Gras, den Dachdeckern zusehend, die krachend einen alten Schieferziegel vom Kirchdach oben auf den Weg fallen ließen. Irgendwann roch die Luft morgens feuchter, erdiger und beim Laufen zwischen den Büschen hingen mir die Spinnweben ins Gesicht. Herbst. Der Weg verschwand unter tausenden Eicheln und Platanenblättern. Oft rutschig. Dann im Nebel zwischen den Büschen durch. Blick zur riesigen Eiche auf dem Friedhof. Oft bin ich den Weg im letzten Jahr gegangen. Fröhlich. Erschöpft. Tieftraurig. Aufgeregt. Angestrengt. Gehetzt. Glücklich.
Viel ist passiert im vergangenen Jahr. Die Sterne hängen bei uns jetzt ein wenig anders, die Zimmer sind getauscht, zur Kirche hin hängt ein viel kleinerer Stern. Aber er ist wieder aufgetaucht: Jetzt gehe ich wieder den Sternenweg. Durch den Advent.
Rahel-Christin Drewanz, Sozialpädagogin in der Evangelischen Kirchengemeinde Basdorf-Wandlitz-Zühlsdorf https://www.kirche-barnim.de/presse/moment-mal
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