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Adventsbräuche Nikolaus

Muss man über das Brauchtum zum Nikolaustag noch viele Worte machen? Wohl jeder weiß noch aus der Kinderzeit, dass am Abend vor dem 06. Dezember großes Schuhe putzen angesagt war. Als diese dann glänzend in einer Reihe standen, wusste man, da ist morgen früh mit ziemlicher Sicherheit etwas Schönes, meist Süßes, drin zu finden. Eine Rute oder gar ein Stück Kohle im Stiefel waren doch eher selten, oder? Man wusste eben, dass Nikolaus ein „guter Mann“ ist. So heißt es auch in dem wohl bekanntesten Lied zu diesem Tag „Lasst uns froh und munter sein“ weiter im Strophentext:

Dann stell ich den Teller auf, Niklaus legt gewiss was drauf, …

Niklaus ist ein guter Mann, dem man nicht genug danken kann,

Nicht nur über Geschenke am Nikolaustag, auch über den Heiligen selbst und den zugehörigen Legenden gibt es sehr viel Lesestoff. In der Literatur, der Musik und der darstellenden Kunst finden sich unzählige Beiträge. Hinweisen möchte ich hier auf eine Webseite mit ganz ausführlichen Informationen: https://nikolaus-von-myra.de/de/legenden/einfuehrung/langfassung.html

Und nicht zu vergessen das Ökumenische Heiligenlexikon unter https://www.heiligenlexikon.de/BiographienN/Nikolaus_von_Myra.htm Erwähnenswert ist vielleicht, dass Nikolaus kein Martyrium erleiden musste, bevor er als Heiliger in die Geschichte einging. Aufgrund kritischer Textanalysen weiß man heute, dass diese legendäre Figur die Verschmelzung  aus zwei historischen Personen darstellt: dem Bischof Nikolaus von Myra im kleinasiatischen Lykien, der wahrscheinlich im 4. Jahrhundert gelebt hat, und dem gleichnamigen Abt von Sion, der Bischof von Pinora war, und am 10. Dezember 564 in Lykien starb. Aus diesen beiden historischen Personen entwickelte sich ab dem 6. Jh. die Figur des wundertätigen, mächtigen Bischofs von Myra. Er wird sowohl in der lateinischen als auch in der griechischen Kirche hoch verehrt. Natürlich war und ist auch sein volkstümlicher Stellenwert enorm und durchdringt fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens: Sankt Nikolaus als Symbol der Vorweihnachtszeit, Nikolaus als Geschenkebringer, manchmal  auch als „Kinderschreck”. In der Ostkirche ist der Heilige bis heute sehr gegenwärtig, nicht nur in der Vorweihnachtszeit. Der „Hagios Nikolaos”, wie er dort heißt, hat eine derart überragende Bedeutung, dass ihm die „Apostelgleichheit” zuerkannt wurde.

 

Abbildung: Wikipedia

 

Wer war nun der Auslöser unseres heutigen Brauchtums? Seit dem 6. Jh. ranken sich um das Wirken des Heiligen Nikolaus zahlreiche Legenden, die teils wie Märchen zu lesen sind. Immer stehen Wohltätigkeit, Diplomatie, Gerechtigkeit und Einsatz für die Schwachen im Zentrum. Am weitesten verbreitet ist wohl die Legende, dass Nikolaus mit seinem ererbten Vermögen drei armen Mädchen half.

Einst lebte ein sehr kranker Mann mit drei Töchtern in bitterer Armut. Um zu überleben, blieb ihm nichts anderes übrig, als die Mädchen auf dem Marktplatz als Dirnen anzubieten, denn auch für eine Mitgift fehlte das Geld. Dem jungen Nikolaus kam die Not der Mädchen zu Ohren. Er beschloss, sofort zu helfen. In der Nacht warf er drei Goldklumpen in Form von Äpfeln in ihre Unterkunft und schlich davon. Die Not der drei Mädchen war schlagartig beendet. Ihr Vater konnte nun seinen Töchtern sogar eine reiche Aussteuer mitgeben und sie lebten fortan glücklich und zufrieden.

 

Der Monatsspruch für den Dezember lautet sehr passend:

Brich mit dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus …

Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen …

der Glanz Gottes sammelt dich auf.

Jesaja 58, 7–8 

 

Darüber hinaus sind weitere Wunder und Legenden bekannt. Nikolaus hat unschuldig Verurteilte gerettet, Hungersnöte bekämpft (Kornwunder) und Schiffbrüchigen geholfen. So wurde er zum Schutzpatron der Seefahrer, Schüler und Studenten, Pilger und Reisenden, der Liebenden, der Alten, der Kinder, der Diebe, Gefängniswärter und Prostituierten, und er wurde Sinnbild für gütige Gerechtigkeit. Auch sein lebenslanger standhafter Einsatz für die christliche Lehre gehört zu seinen herausragenden Taten.

Wie bereits erwähnt, wurde der Heilige Nikolaus sehr verehrt, so auch im süditalienischen Bari. Im 11. Jh. befand sich die Stadt unter der Herrschaft der Normannen, die gegen den Papst und die Byzantiner kämpften. Die Region befand sich in einer (wirtschaftlichen) Krise und die Oberhäupter der Stadt beschlossen, das Schicksal der Stadt dem machtvollen Heiligen anzuvertrauen. Dazu sollten die Überreste des Bischofs von Myra nach Bari geholt und die Reliquie gleichzeitig davor bewahrt werden, in die Hände der Türken zu fallen, die in das Territorium Unterasiens eindrangen.

Einigen Quellen zufolge (die Legende von Kiew, ein russischer Text von 1094) soll San Nicola im Traum einem Geistlichen aus Bari erschienen sein und ihm seinen Wunsch mitgeteilt haben, er möchte in Bari zur Ruhe gebettet werden. Zu Beginn des Jahres 1087 brachen also Seeleute und Kaufleute und ihre Sklaven mit drei Schiffen auf.  Die Seeleute brachten aus Myra, wo die Reliquien aufbewahrt wurden, den Sarg des Heiligen an Bord. Nach langer gefährlicher Rückreise kamen sie am Morgen des 9. Mai mit dem kostbaren mystischen Schatz im Hafen von Bari an. Die Bevölkerung hatte sich zu einem großen Fest versammelt. Noch im selben Jahr wurde mit dem Bau der Basilika San Nicola begonnen. Eingeweiht wurde die Kirche jedoch erst hundert Jahre später. Die mächtige Kirche ist seit Jahrhunderten ein bedeutendes  Ziel für römisch-katholische und orthodoxe Pilger und hat den Rang einer päpstlichen Basilika. So schlicht aber gewaltig, wie sie von außen anmutet, so prachtvoll ist sie im Inneren. Wir konnten uns auf einer Studienreise 2008 davon überzeugen.

 

Nicola in Bari vor der Basilika.

 

Nach dem Vorbild dieser bedeutenden Basilika entstanden in ganz Apulien viele weitere Bauwerke. Bis auf den heutigen Tag gibt es in Bari am 9. Mai ein gigantisches Stadtfest, wo die Ankunft der sterblichen Überreste des Heiligen Nikolaus nachgebildet und mit aufwendigen Lichtinstallationen gefeiert wird.

 

Sybille Gruska