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Chamisso Museum

Die Coronabeschränkungen waren vor ein, zwei Jahren der Anlass, in unserer „Digitalen Kirche“  auch Ausflugstipps in die nähere Umgebung zu veröffentlichen. So manches Ziel kam dabei wie ein unentdecktes Juwel zum Vorschein. Unentdeckte Orte gibt es nach wie vor – also ein Grund, weiterhin Ausflugstipps zu empfehlen. Oder kennen Sie, liebe Leserinnen und Leser, das Dörfchen Kunersdorf im Oderbruch?

Über das Oderbruch selbst kann viel geschrieben, viel nachgelesen werden und so manchem wird vielleicht das „Theater am Rand“ in Zollbrücke einfallen. Wir hatten jedoch eine Verabredung im Café Cham.  in Kunersdorf https://chamcafe.de .

 

Kaum hatte man sich über diesen etwas ungewöhnlichen Namen gewundert, kam auch schon die Bedeutung dahinter zum Vorschein. Cham. ist das Autorenkürzel, mit dem der berühmte Gelehrte Adelbert von Chamisso seine botanischen Schriften unterzeichnete. Chamisso??? Oh je, fast alles vergessen, was man je über ihn gelernt oder gelesen (Wikipedia Artikel) hat  und wieso taucht sein Name hier im Oderbruch auf??

Mein Beitrag soll nun keine Abhandlung über den Naturforscher, Botaniker, Weltreisenden und Schriftsteller Chamisso aus dem 18. Jh. werden, sondern eine Empfehlung, das dem Café angegliederte, kleine Museum https://www.kunersdorfer-musenhof.de zu besuchen. Mit viel Liebe zum Detail, viel Fachwissen und künstlerischem Blick hat der Förderverein Kunersdorfer Musenhof e.V. hier ein Museum zum Leben und Schaffen von Chamisso eingerichtet. In einem ca. 20minütigen Film kann man ihm auf seine Weltreise folgen, bebildert mit zeitgenössischen Darstellungen.

 

Man kann beim weiteren Rundgang erfahren, dass er ein recht bescheidener Mensch gewesen sein muss, dem trotz adliger Herkunft soziale Probleme bewusst waren und der durch sein Leben und seine Reisen eher international als national dachte. („Ich bin Deutscher in Frankreich und Franzose in Deutschland“)

Jedes Zimmer dieses kleinen Museums ist eine Besonderheit, auch farblich. An grüner Wand zeigt Chamissos Ausspruch „Ich habe keine andere Uhr, kenne keinen anderen Kalender als die Blumen“ seine Leidenschaft für die Botanik. Wer ein bibliophiles Interesse hat, könnte neidisch werden. Das von Chamisso verfasste Kunstmärchen “Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ steht in vielen wunderschönen Ausgaben im Bücherschrank. Weltliteratur in feinsten Ausgaben hier im Oderbruch – ich komme immer noch nicht aus dem Staunen heraus.

Die Inhaberin des Museums Margot Prust führte uns bereitwillig durch die Räume, erzählte je nach Interessenslage der Zuhörer über Chamisso, über den steinigen Weg, dieses Museum zu gründen, über die Mühen ehrenamtlicher Arbeit, über die Gestaltung der Außenanlagen usw. Im Freien, im „Sommergarten“ des Cafés gibt es einige Skulpturen und man hat einen Blick auf eine Kirche mit ungewöhnlicher Silhouette, die unter Denkmalschutz steht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Dorfkirche_Kunersdorf

 Auch dazu bekommen wir detaillierte Auskunft, können die Grabkolonaden der Familie v. Lestwitz-Itzenplitz ansehen. Selbst die Allee von Maulbeerbäumen – inzwischen eine Besonderheit in märkischen Dörfern – bekommen wir zu Gesicht.

Wer nun immer noch fragt, ob Chamisso, eine Kirche mit Kuppeldach und Maulbeerbäume ein Grund seien, diese Gegend und speziell Kunersdorf zu besuchen, dem sei gesagt, dass ganz in der Nähe die Schlossanlage Neuhardenberg einschließlich Schinkelkirche zu bewundern sind  https://www.schlossneuhardenberg.de/index.html. Zum Schloss gehört ein wunderschöner, sehr gepflegter Park.

 

Und ganz am Ende soll nun auch die Frage geklärt werden, was Chamisso und Kunersdorf verbinden. Der Gelehrte war französischer Herkunft, nach der Übersiedlung seiner Eltern nach Deutschland wurde er 1796 Page bei Friederike Luise von Preußen in Berlin. Dort hatte er Zugang zu höchster Bildung in akademischen Kreisen. Sein Militärdienst in Preußens Armee brachte ihn nach Ausbruch der  Napoleonischen Kriege in Zwiespalt zu seiner französischen Herkunft und ließ ihn ruhelos mal in Frankreich, mal in Deutschland leben. Den Sommer 1813 verbrachte er auf Einladung der Schlossherrin in Kunersdorf (das Schloss wurde 1945 zerstört). Der Ort war in der Epoche Friedrichs II. ein geistig-kulturelles Zentrum in der Mark Brandenburg. Hier schrieb Chamisso sein bekanntes Werk “Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ in deutscher Sprache. Später wurde er Mitglied der Preußischen Akademie, der Leopoldina und war mit bekannten Literaten seiner Zeit befreundet und hoch geehrt.

 Ich hoffe, mit diesem Beitrag ein wenig Neugier auf das Museum geweckt zu haben. Einige Flyer mit Information liegen im Gemeindehaus.

Viel Vergnügen wünscht

Sybille Gruska