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Drehorgeln – sind die überhaupt noch zeitgemäß??

Diese Frage mag aufkommen, wenn man die Einladung zur Ausstellung „MUSICA DI STRADA“ im Kultur- und Bildungszentrum S. Haffner in der Prenzlauer Allee in Berlin liest (Museum Pankow). Mich hat zunächst auch der italienische Titel der Ausstellung interessiert, aber ich muss sagen, mit dem  Argument, irgendetwas passe nicht mehr in die Zeit, werden häufig bestimmte Gegenstände, Prozesse, Tendenzen  zu Unrecht abgewertet.

Worum geht es hier? Die Ausstellung MUSICA DI STRADA zeigt, wie um die vorletzte Jahrhundertwende viele italienische Auswanderer  nach Berlin kamen und wie sie hier auf der Suche nach einem besseren Leben ihr Dasein gestalteten und zugleich handwerkliche Kunst und Kultur Italiens nach Berlin brachten. Neben Terrazzo-Legern, Speiseeisherstellern, Köchen und Gipsfigurenhändlern kamen auch Straßenmusikanten, die sich in der Fremde ihren Unterhalt verdienten. Ihre Handwerkskünste führten oft zu Firmengründungen, die Weltruhm errangen. In der Ausstellung wird dies sehr eindrücklich mit Lebensläufen und Stammbäumen bedeutender Firmengründer bewiesen. So gab es das weltberühmte Familienunternehmen Bacigalupo, das in der Schönhauser Allee bis 1975  Drehorgeln herstellte.

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Auf Drehorgeln und Orchestrien liegt dann auch das Hauptaugenmerk der Ausstellung. Einige der wertvollen Drehorgeln und weitere mechanische Musikautomaten werden gezeigt.

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Herstellung und Funktion werden in kurzen Audiobeiträgen hervorragend erklärt.

Nicht nur die raffinierten Methoden der Tonerzeugung beeindrucken dabei, sondern auch die Schönheit der Instrumente mit ihren filigranen Intarsien. Auch Liebhaber von Jugendstilmotiven kommen so auf ihre Kosten

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Die frühen Drehorgeln waren Instrumente, in denen die Melodien durch eine mit Metallstiften versehene Holzwalze erzeugt wurden.

 

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Später gab es Bänder aus gelochtem Papier, welche die Töne erzeugte. Kann man bei solchen Lochstreifen schon vom digitalen Zeitalter sprechen? Die Datenträger für die ersten Computer waren schließlich auch Lochkarten. 

Wer sonntags um 11 Uhr die Ausstellung besucht, kann eine Vorführung der wertvollen alten Orgeln und anderen Instrumente erleben.

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Im Begleitprogramm zur Ausstellung werden außerdem donnerstags Filme von Federico Fellini gezeigt, in denen die MUSICA DI STRADA eine Rolle spielt. Und selbstverständlich gehört dazu der berühmte Fellini-Film „la strada“ mit Gauklern, Zirkus, Straßenmusikanten. Hin und wieder kann man sich in diese Welt hineinversetzen, wenn vor dem Alleencenter in der Schönhauser Allee ein Drehorgelspieler eines dieser Instrumente erklingen lässt.

Noch bis zum 19. Oktober 2025 kann man sich in  der Ausstellung überraschen lassen und sollte vorher die Musik der Drehorgeln nicht als Relikte vergangener Zeiten abtun. Viel Vergügen!