Gestern, in einer Gesprächsrunde, sprachen wir über den Krieg in der Ukraine. Einer Frau, die 1933 geboren wurde, standen die Tränen in den Augen. Sie konnte sich sehr gut daran erinnern, welches Leid Krieg bedeutet und sie hat mich gefragt, warum es denn schon wieder losgehen muss.
Ebenfalls gestern durfte meine in Berlin lebende Schwester nicht in ihrer Wohnung, weil in der Nähe des Gebäudes eine Kriegs-Bombe gefunden.
Weit über 70 Jahre ist der Krieg in Deutschland vorbei und trotzdem hat er aktuell immer noch einen Einfluss auf unser Leben, wie auch die folgenden Worte von Herrn Oberhof an seine Eltern zeigen:
„Liebe Erika, lieber Johannes, es gibt ja nicht viel Fotos, auf denen ihr, meine Eltern, als glückliches Ehepaar zu sehen seid. Hier habt ihr euch fotografieren lassen 9 Monate vor meiner Geburt (❤️), als ihr auf Einladung der evangelischen Kirche der Schweiz 1949 Urlaub am Luganersee machen konntet. 4 Jahre war der Krieg vorbei, vor 3 Jahren war mein Vater nach Typhus überraschend schnell aus sowjetischer Gefangenschaft nach Hause gekommen. In diesen Tagen denke ich so oft an euch! Ihr habt 1943 geheiratet, 10 Jahre nach dem Machtantritt der Nazis, die du Vati aus deiner religiös-sozialistischen Position, und du Mutti aus der deutsch-konservativ demokratischen Haltung deines Vaters heraus abgelehnt habt. 4 Jahre lang tobte schon der Krieg über Europa und 2 Jahre lang waren die Truppen der Hitler Wehrmacht schon auf russischem Boden unterwegs. Wie habt ihr es da ausgehalten? Wie konntet ihr tanzen? Konntet ihr heiraten und Kinder zeugen und kriegen? Ihr habt es ausgehalten – mit dem Mann, der täglich an der russischen Front hätte sterben und der Frau, die täglich unter dem Bombenhagel auf Berlin hätte umkommen können? Und habt euch täglich innige Liebesbriefe geschrieben, die ich erst vor 18 Jahren fand und weinend lesen konnte. Wie habt ihr es geschafft, die Hoffnung nicht aufzugeben? Ich versuche es, euch nach zu tun, aber manchmal fällt es verdammt schwer.“