Zum Buch „Machandel“ von Regina Scheer
Als Schülerin bestand mein Ehrgeiz oft darin, die Buchgeschenke zum Weihnachtsfest zumindest bis zum Ferienende, meist am 3. Januar, durchgelesen zu haben. Das dürfte mir in diesem Jahr etwas schwerfallen. Zum einen, weil die Schulzeit längst vorbei ist, zum anderen aber auch, weil in diesem Jahr ein ziemlich dickes Buch zu meinen Geschenken gehörte. Häufig sind unsere Kinder Impulsgeber für neue Bücher und neue Autoren und Autorinnen. So wusste ich zunächst mit dem Namen Regina Scheer nichts anzufangen. Das kann man schnell im Internet nachholen und ich las, die 70-jährige Berlinerin ist Kulturwissenschaftlerin und freischaffende Publizistin. Hm – skeptisches Fragezeichen. Ebenso wenig wusste ich mit dem Titel ihres Buches „Machandel“ etwas anzufangen. Immer noch zögerlich begann ich, einer schlechten Gewohnheit folgend, erst einmal auf den letzten Seiten herumzuschnüffeln. Dort waren, zu meinem Erstaunen, Kurzbiografien der handelnden Personen zu lesen. Scheinbar wird im Roman ein Generationenproblem behandelt, so lautete meine Schlussfolgerung. Beworben wird das Buch auf den Umschlagseiten nämlich als Familienroman, der den Untergang der DDR im historischen Kontext darstellt. Es ist aber weit mehr. Der Handlungsbogen beginnt in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, beleuchtet ausführlich das Kriegsende und spannt den Bogen auch über das letzte Kapitel der DDR hinaus. Es ist ein sehr faktenreiches Buch, stellenweise fast dokumentarisch, das ich mit zunehmendem Interesse zu lesen begann. Die Beschreibung der Hauptpersonen am Buchende erweist sich als sehr hilfreich, denn es gibt zahlreiche Handlungsstränge, die miteinander verwoben sind. Auffällig, wenn auch nicht absolut neu, ist, dass die Protagonisten und Protagonistinnen in den einzelnen Kapiteln ihre Geschichte, ihre Sicht auf die Ereignisse der Zeit selbst erzählen. Handlungsorte, zum Beispiel Straßennamen und Kirchen in Berlin (Pankow oder Prenzlauer Berg) sind real; auch das Dorf Machandel ist in die existierende Mecklenburger Umgebung eingebunden, jedoch fiktiv. Wenngleich ich das Buch noch gar nicht zu Ende gelesen habe, möchte ich es hier empfehlen. Ich kann auch kritische Stimmen verstehen, die sagen, eigentlich passiere ja nicht viel, die Zeit wälzt sich halt so dahin. Aber für die meisten Leser ist eben ein Zeitabschnitt dabei, den er selbst erlebt hat und der ihn sicher interessiert und Gesprächsstoff bietet. Ich finde, die Autorin hat für diesen Roman die Auszeichnungen Ehrungen Preise verdient.
Regina Scheer: „Machandel“, Penguin Verlag, 12. Auflage 2020, ISBN 978-3-328-10024-9
Viel Freude beim Lesen
Sybille Gruska