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Schwerter zu Pflugscharen

Wenn es um Beiträge zur Friedensdekade geht, fällt mir oft die Zeit vor dem Fall der Mauer ein. Ich lebte und arbeitete damals in Greifswald. Am Turm des Domes hing Ende der 80er Jahre unübersehbar das Banner mit der Aufschrift „Schwerter zu Pflugscharen“. Diese Aktion wurde im September 1983 vom Wittenberger Theologen Friedrich Schorlemmer initiiert, und die Resonanz in Ost und West war groß.

 

Ein jeder braucht sein Brot, seinen Wein

und Frieden ohne Furcht soll sein.

Pflugscharen schmelzt aus Raketen und Kanonen,

dass wir in Frieden zusammen wohnen.

 

Das waren Worte Schorlemmers bei dieser Aktion.

Auch in Greifswald war dieser symbolträchtige Akt schnell ein Symbol der Friedensbewegung – vielleicht auch deshalb, weil der Bruder Friedrich Schorlemmers nahe bei Greifswald in Groß Kiesow eine Pfarrstelle bekleidete.

Viele Jahre später hat der Zufall uns mit Friedrich Schorlemmer zusammen geführt. Es war 2015 am 3. Oktober (25 Jahre deutsche Einheit) als wir mit ein paar Freunden uns die Stadt Wittenberg ansehen wollten. Auf dem Marktplatz herrschte schon früh um 9 Uhr auffälliges Gedränge und unsere ahnungslose Frage, was denn hier los sei, wurde dahin gehend beantwortet, dass Friedrich Schorlemmer eben an jenem Tag die Ehrenbügerschaft seiner Heimatstadt verliehen werden sollte.

 

Kaum war dieser Fakt ausgesprochen, befand sich der zukünftige Ehrenbürger auch inmitten der Massen und begrüßte in unserer unmittelbaren Nähe Bekannte (oder Prominente?) – jedenfalls dauerte es nicht lange und wir befanden uns in regem Gedankenaustausch. Er lud uns dann einfach zum Festakt der Ehrenbürgerverleihung ein. Und wirklich, noch etwas ungläubig und erstaunt, fanden wir uns in der Stadthalle im großen Saal wieder. Ein Höhepunkt dieser Zeremonie war übrigens der Auftritt von Gregor Gysi.

 

 

An dieser Stelle möchte ich das inzwischen recht bekannte Friedensgebet von Friedrich Schorlemmer aus dem Jahr 1983 zitieren:

Ich möchte ein Mensch des Friedens werden.

Ich möchte so leben, dass auch andere Menschen leben können –

neben mir – fern von mir – nach mir.

Ich suche das Gespräch mit Andersdenkenden.

Ich bedenke die Fragen, die sie mir stellen.

Ich möchte so leben, dass ich niemandem Angst mache.

Ich bitte darum, dass ich selber der Angst nicht unterliege.

Ich setze meine Fähigkeiten und Kräfte für eine Gesellschaft ein,

in der der Mensch dem Menschen ein Helfer ist.