Ein erster Dienst – und mehr als das
Diese Frage begleitet mich, seit ich zum ersten Mal gemeinsam mit meiner Frau Margot den Kirchendienst übernommen habe – einen stillen, aber bedeutsamen Dienst, bei dem wir die Kirche öffnen, vorbereiten und wieder schließen: mit Gesangbüchern in der Hand, mit dem Evangelium auf den Lippen, mit Blumen auf dem Altar und der gesammelten Kollekte im Beutel – damit der Gottesdienst gelingen kann und die Menschen sich willkommen fühlen.
Da stehe ich mit 75 Jahren vor dem Altar, lese aus 1. Korinther 13 – dem Hohelied der Liebe, das Paulus nicht an eine liebestrunkene, sondern an eine zerstrittene Gemeinde in Korinth schrieb.
Ich begrüße die Menschen mit einem Lächeln – und spüre doch:
Es ist mehr als ein Dienst.
Es ist eine Geste. Eine Haltung.
Vielleicht sogar ein kleines Zeichen von Heimat.
Von außen – und mittendrin
Ich komme nicht aus dieser Gemeinde, bin nicht in ihr groß geworden.
Und doch bin ich Teil von ihr geworden –
durch das Singen in der Kantorei,
durch Gespräche,
durch stille Blicke beim monatlichen Gesprächsfrühstück.
Und manchmal auch durch das Aushalten von Differenzen,
durch das Nichtverstehen – und das Dableiben.
Was trägt eine Gemeinde?
Vielleicht tragen wir einander.
In Augenblicken des Gebets.
In Liedern, die wir gemeinsam singen – auch wenn wir nicht dieselbe Stimme haben.
In Gedanken, die wir einander nicht ausreden, sondern zumuten.
Und wen trägt die Gemeinde?
Die Kinder, die fröhlich durch den Mittelgang rennen.
Die Alten, die sich in kleinen Gesten wiedererkennen.
Die Trauernden, deren Schmerz Raum hat – auch ohne Worte.
Die Suchenden, die nicht wissen, ob sie noch glauben – oder schon wieder.
Wie ein Mantel
Manchmal ist eine Gemeinde wie ein Mantel.
Man wirft ihn sich über die Schultern –
nicht weil er perfekt passt,
sondern weil er wärmt.
Und wenn man ihn teilt, merkt man: Auch das Teilen ist Wärme.
Ich bin dankbar, Teil dieser Gemeinde zu sein.
Nicht weil alles gelingt.
Sondern weil wir es versuchen.
Gemeinsam.
Und das ist vielleicht das größte Geschenk.
Mathis Oberhof